Gedanken-Archiv 2009

Gedanken am Rande...

Vertrauen

Dösend liege ich noch im Bett, halb sieben, da dämmert es mir : Das Vertrauens-Defizit-Syndrom (VDS) ! Schon mal gehört? Wahrscheinlich nicht, ich auch nicht : also soll das hier und jetzt die Syndromtaufe sein ! Wir könnten es ja auch englisch benennen, tönt fast etwas eleganter: Faith-Deficit-Disorder (FDD). Eventuell könnte man noch die Pharmaindustrie gewinnen, um einmal in einer ersten Phase die Sensibilität in der Bevölkerung allgemein, natürlich aber auch bei Aerzten und Psychologen , dafür zu wecken , dass – man höre und staune – 20% der Bevölkerung am FDS leiden! In einer zweiten Phase könnte man dann die Lösung präsentieren : Der Oxytocin-Nasenspray ! Elegant sich je einen Hub ins Nasenloch applizieren und innert 15 min ist das Vertrauen wieder auf ein adäquates Level hinaufgefahren : keine Angst mehr vor der Autoprüfung, keine Bedenken mehr die Ersparnisse dem Fondspezialisten der Hausbank anzuvertrauen, trotz einem Seitensprung vor zwei Monaten darf der Ehepartner wie abgemacht mit seinen Kollegen zum Weindegustationsweekend in die Toskana, der schwere Skiunfall vom letzten Winter bremst jetzt auch nicht mehr den geplanten Engadintrip zum Saisonopening, und endlich steht „sich niemand mehr selbst im Wege“, spielen sowohl Selbst- als auch Fremd-Vertrauen richtig mit!

Aber, Spass beiseite: Die Geschichte mit dem Oxytocin, einem im nucleus supraopticus des Hypothalamus produzierten Neuropeptids, ist hochspannend. Seit 3-4 Jahren wird der Stoff intensiv beforscht und verschiedene Experimente zeigen mit überwältigender Deutlichkeit, dass die Substanz Angst reduziert, Vertrauen fördert und risikohaftes Verhalten erleichtert. Und sind wir doch ehrlich: Vertrauen besitzen, to be faithfull, Vetrauen schenken, vertrauenswürdig sein, nicht von Misstrauen geplagt sein, Zuversicht haben und behalten sind Faktoren, die ein „easy-living“ enorm erleichtern und das Zusammenleben vereinfachen. Die gute Nachricht aber am Schluss: Sie können Ihr Oxytocin selbst in die Höhe pushen, wenn Sie anderen Menschen liebevoll begegnen, Körperkontakt herstellen, streicheln etc. Eine erste Begegnung mit dem Stoff erfolgt dann, wenn eine Mutter ihr Kind stillt. Dadurch wird bei beiden die Produktion von Oxytocin angeregt, schafft so Ruhe, Entspannung und sichert die Beziehung. Aber sogar nur die Erwartung eines liebevoll-freundschaftlichen zwischenmenschlichen Kontaktes lässt in jedem Alter Ihren Oxytocinspiegel nach oben schnellen. Versuchen Sie es einmal, eignen Sie Sich Vertrauenskompetenz an, the Faith Skill!
 

03.11.2009

 

 

Beziehungsfähigkeit

Vielleicht haben Sie gerade wieder einmal einen Seitensprung ausgelassen: Sehen Sie das jetzt als Ausdruck Ihrer Beziehungsfähigkeit oder gerade Ihrer Beziehungsunfähigkeit? Dass Sie nicht auf das beziehungsmässige Angebot eines Mitmenschen eingehen konnten oder wollten: Erfüllt Sie das mit Stolz, Sicherheit und Vertrauen oder lässt es in Ihnen Zweifel nagen, ob Sie nicht doch beziehungsunfähig sind? Aber was verstehen Sie überhaupt unter Beziehungsfähigkeit? Denken Sie dabei mehr an Ihre Beziehungen zu anderen (Menschen, Tieren, unbelebten Objekten, Natur etc) oder mehr an Ihre Beziehung zu sich selbst? Sind Sie beziehungskonservativ oder beziehungsinnovativ? Suchen Sie eher viele Beziehungen oder finden Sie in quantitativer Beschränkung Ihre Zufriedenheit? Sind Sie sicher, dass Ihre Beziehungen nach aussen unabhängig sind von Ihren Beziehungen nach innen, zu sich selbst? Falls Sie nach mehr Beziehung suchen: Machen Sie das wegen sich oder werden Sie von anderen „bezogen“? Wäre unter Umständen weniger mehr? Falls Sie nach weniger Beziehung suchen: Kommt das von Ihnen her oder werden Sie gebunden? Erleben Sie Bindung als Fesselung oder als Halt? Wären Sie bei weniger Fesselung haltlos oder könnten Sie mit dem gewonnenen Mass an Selbstbestimmung verantwortungsvoll umgehen? Würden Sie sich dabei mehr sich selbst oder anderen gegenüber in der Verantwortung spüren? Würde Sie das belasten? Haben Sie schon jemals daran gedacht an Ihrer Beziehungsfähigkeit arbeiten zu wollen? Woran könnten Sie erkennen, dass Ihre Beziehungsfähigkeit auf dem Niveau angekommen ist welches Sie sich immer erhofft haben? Würde das Sie selbst glücklicher machen oder andere? Wie könnten Sie die Beziehung zu anderen so mit Ihrer Beziehung zu sich selber ausbalancieren, dass Sie den Balanceakt als Ausdruck Ihrer Beziehungskompetenz begreifen könnten?
 

01.09.2009

 

 

Grenzen

Haben Sie sich schon einmal über Ihr Verhältnis zu Grenzen Gedanken gemacht? Bleiben Sie lieber innerhalb der Grenzen, im Vertrauten quasi oder überqueren Sie gerne Grenzen, gehen ins Ausland? Oder bewegen Sie sich gerne auf der Grenze, sind ein Grenzgänger? Sind Sie also „begrenzt“, „entgrenzt“ oder ein „Borderliner“? (Entschuldigung!)

Mit Inspiration durch Max Frisch (vgl. etwa Tagebuch, Suhrkamp 1972) möchte ich Sie einladen sich zu fragen, falls Sie gerne diesseits der Grenzen verweilen, wann Sie sich das letzte Mal die Frage gestellt haben, ob es Ihnen an Mut fehlt Grenzen zu überschreiten? Oder warum Sie sich diese Frage noch nie gestellt haben und ob nicht gerade diese Tatsache für Ihre Begrenztheit sprechen könnte? Oder ob es nicht gerade viel Mut braucht, um sich nicht dauernd die Frage des Grenzübertritts zu stellen? Glauben Sie, dass gerade Ihr Leben diesseits der Grenzen viel zu Ihrer Reife beigetragen hat oder die Angst vor dem Neuen Ihre Lebenslust eingefroren hat? Angenommen, Sie könnten das Rad der Zeit um 20 Jahre zurückdrehen, glauben Sie, dass Sie eher mehr Grenzen einhalten oder aber diese öfters überschreiten würden? Was würden Ihre Eltern dazu sagen, Ihre Kinder, Ihre Grosseltern? Bestimmt sich das Verhältnis zu Grenzen eher durch das Alter, Ihr Temperament, Ihre Erfahrung, Ihre Erziehung, Ihre Moral? Und falls Sie gerne jenseits der Grenzen wandeln: haben Sie niemals Angst heimatlos zu werden? Oder als frech, dreist, invasiv bezeichnet zu werden? Denken Sie eher, dass Sie den Grenzübertritt gesucht haben oder dass Sie gelockt wurden? Oder hat Sie Ihr Inneres getrieben? Warum haben Sie Ihr Inneres nicht beherrscht? Sind Sie sicher, dass Sie zum Grenzübertritt berechtigt waren? Oder, falls Sie sich diese Frage noch nie gestellt haben, warum haben Sie diese Frage noch nie formuliert? Zeigt sich vielleicht darin gerade Ihre Entgrenzung? Wäre vielleicht eine allgemeine Aufhebung der Grenzen ein notwendiger Schritt um die Mobilität zu fördern oder würde gerade dadurch der Reiz zur Entwicklung von Dynamik, Tatkraft und Initiative wegfallen und so die Beweglichkeit abnehmen? Denken Sie dabei eher an die körperliche oder die geistige Beweglichkeit? Auf welche von beiden könnten Sie eher verzichten? Wären Sie allenfalls bereit diese bei einem Grenzübertritt abzugeben? Wenn Sie über ihre Grenzen gehen, nützt das eher Ihnen oder anderen? Schadet das eher Ihnen oder anderen? Warum, wenn es Ihnen nützt, tun Sie es nicht öfters? Gibt es Grenzen die Sie nie überschreiten wollen? Sind Sie sicher, dass Sie sich damit nicht unnötig begrenzen?

Vielleicht verfügen Sie über eine Fähigkeit, die ich als Grenzkompetenz bezeichnen möchten, the limit skill… Herzliche Gratulation!

14.3.2009

 

 

Krank?

Eigentlich ist ja das Leben zu ernst, als dass man darüber lachen könnte, und so vergeht einem manchmal das Lachen…Stellen Sie sich vor, Sie gehen zum Arzt und er stellt die Diagnose einer Madoffitis, Differentialdiagnose Behringmanie. Sie fragen sich, ob dahinter nicht einfach ein ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit und Hyperaktivitäts-Syndrom) stehen könnte, aber ihre Frau glaubt das nicht und tippt eher auf ein gewöhnliches SDS (Selbstvertrauens-Defizit-Syndrom). Sie wollen das nicht so einfach auf sich beruhen lassen und holen eine zweite Meinung ein. Nicht einfach um das Geld zu verospeln, denn schliesslich geht das ja zu Lasten der Grundversicherung. Und sind wir uns doch einig: Lieber hier grosszügig, als nachher milliardenschwere Rettungsaktionen des Bundesrates ! Sie sind leicht geschockt, als der zweite Arzt an einen Morbus Blocher denkt, aber auch einen beginnenden, etwas atypischen Morbus Alzheimer nicht ausschliessen mag. Sie haben langsam genug von all diesen Diagnosen und Syndromen, wollen endlich Klarheit. Erst ADHS, dann SDS und- wer weiss- am Schluss ist es ein generelles VDS (Vertrauens-Defizit-Syndrom) oder gar ein MDS (Männlichkeits-Defizit Syndrom). Was natürlich nicht das gleiche wäre wie eine erektile Dysfunktion, aber immerhin auch eine Dysfunktion, im Sinne einer Dysbalance zwischen subjektiv gewünschtem männlichen Auftreten und objektiv vorhandener viriler Durchschlagskraft. Aber jetzt reicht es Ihnen, Sie schlagen die empfohlene Strömung Ihrer Chakren aus, glauben auch nicht an Neurofeedback zum Tuning Ihrer Amygdala sondern gehen einfach einmal joggen und nachher schlafen…Aber Scheisse (Entschuldigung!), das geht auch nicht, weil Sie ja ein ZDS (Zeit-Defizit-Syndrom) haben, und langsam dämmert Ihnen, dass guter Rat hier wirklich teuer ist, denn immer noch gilt: „Time is money“ und genau das fehlt Ihnen!

15.02.2009

 

 

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